Wacken Open Air 2022
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WACKEN 2022: Metal´s coming home – die Rückkehr zum Holy Ground

Drei Jahre sind seit dem Jubiläumsfestival im Jahr 2019 vergangen. Drei Jahre, in denen sich das beschauliche Bauerndorf WACKEN in Schleswig-Holstein wieder seiner ursprünglichen Bestimmung Ackerbau und Viehzucht widmen musste und an Metal-Festivals, die es schaffen, weltweit Aufmerksamkeit zu generieren und Fans in Scharen anlocken, nicht im Entferntesten zu denken war.
Die Zeichen standen zudem bis zum März 2022 nicht unbedingt gut, da eine Variante die nächste ablöste und mit jeder neuen Schreckensmeldung die Hoffnung auf Großveranstaltungen nicht unbedingt gesteigert werden konnte. Dass es nun, im August 2022 möglich ist, ein Festival der Kategorie WACKEN durchzuführen, verdankt die Fangemeinde vielen Umständen, die hier zu erläutern den Rahmen des Berichts sprengen würden. 

Anreise wie immer eine Verkehrs-Katastrophe mit Fun Faktor

Für Menschen, die durch den Elbtunnel müssen, um dann Richtung WACKEN zu gelangen, stellt sich die Anreise seit Eröffnung der Großbaustelle dieses Verkehrsknotenpunktes als Geduldsprobe dar. Neben der ohnehin täglich angespannten Verkehrssituation tragen die Festivalbesucher jährlich dazu bei, den Verkehrsfluss um Hamburg herum komplett zum Erliegen zu bringen. Der Fun Faktor im Stau kommt indessen nicht zu kurz: immerhin gibt es hier Tausende gleichgesinnter Metal-Heads, die mit Stickern oder auch selbst geklebtem Gaffa-Tape W:O:A – Logo ihr Fahrtziel deutlich der Außenwelt signalisieren. Diverse Bandbusse sind auch zu besichtigen – kurzum: es gibt schlimmere Staus als diesen hier.

 

WACKEN Wednesday: Mega-Schlange an der Bändchenausgabe

Zwei Wochen vor Festivalstart kommt die Nachricht der Veranstalter, dass das 2022er WACKEN erstmals komplett CASHLESS durchgeführt werden soll. Leider gibt es keine Möglichkeit, den Bar-Crew Mitgliedern oder den emsigen Helfern hinter den Tresen der zahlreichen Essensstände ein Cashless-Trinkgeld zukommen zu lassen. Die Rückgabe der nicht selbst erstandenen Pfandbecher ist zudem mit fünf Exemplaren (insgesamt, während des Festivals) extrem knapp gedeckelt, einer weiteren Pfandrückgabe muss stets ein Einkauf von Pfandbechern vorausgehen. Somit ist es auch nicht möglich, in einer geselligen Runde die Pfandbecher des Mitzechers abzugeben und sich so gutschreiben zu lassen. Hier sollte nachgebessert werden. Zudem kommt es am Eröffnungstag zu massiven Wartezeiten an der Bändchenausgabe, wo die Fans teilweise bis zu vier Stunden in der prallen Sonne stehen müssen und etwas Trinkbares erst gekauft werden kann, wenn der Chip am Bändchen endlich in Besitz genommen und aufgeladen ist. Das war nicht optimal, liebes WACKEN-Team.

 

W.E.T-und Headbanger-Stage sind in diesem Jahr echte Open Air Bühnen

Nun ist es aber an der Zeit, den metallischen Klängen zu lauschen. Auf der Headbanger Stage haben sich KRYN angesagt. Zu meiner Überraschung sind die beiden Zwillingsbühnen W.E.T.- und Headbanger-Stage in diesem Jahr klassische Open-Air Bühnen und nicht – wie 2019 – in einen großen Zirkuszelt untergebracht. Das ist natürlich eine enorme Verbesserung, da es an diesen Bühnen zum einen nun echte Open Air Atmosphäre zu schnuppern gibt, zum anderen eine etwaige Überfüllung der Location per sé ausgeschlossen ist. Eine grandiose Neuerung, liebes WACKEN-Team. Chapeau! KRYN indessen genießen ihr Gastspiel in vollen Zügen, die Resonanz im Publikum ist ausgezeichnet und im Nachgang bewertet die Band in einem Facebook-Post die Zeit auf dem Festival als „most amazing time of our lives“. Das werden die meisten WACKEN-Heads locker unterschreiben.

 

VARANG NORD eröffnen auf der LOUDER-Stage

War es in den vergangenen Jahr stets üblich, die drei Hauptbühnen erst am Donnerstag zu bespielen, liefert das WACKEN 2022 hier eine Ausnahme. Der zusätzliche WACKEN Tag Mittwoch, der allerdings auch zusätzlich bezahlt werden muss, liefert bereits Hochkaräter wie EPICA und AVANTASIA, die sich auf der LOUDER-Stage am bisherigen Wasted Wednesday die Mikrofone in die Hand geben. Die in Lettland beheimateten VARANG NORD spielen Viking Folk Metal und tragen Bühnenoutfit mit Fellbesatz und Kettenhemd, optisch schon mal ein Hingucker, aber auch der Sound der Band kann gefallen.
Zurück an der Doppelbühne W.E.T und Headbanger spielen dort die Melodic Death Metaller von NEPHYLIM vor prächtiger Kulisse. Die Niederländer gefallen durch tolle Technik und eindringliche Hooks, die die brachialen Momente der Songs teilweise samtweich abfedern. Stark. Danach geht es direkt nebenan weiter mit MYTHRAEUM, die mit schicker Gesichtsbemalung an King Diamond erinnern und nicht weniger gut ankommen als ihre Vorgänger auf der benachbarten Bühne.

 

BROTHERS (and sisters) OF METAL

Zurück an der LOUDER-Stage gibt es hier die Schweden von BROTHERS OF METAL zu bewundern, deren Star mit Ylva Eriksson eigentlich eine Frau ist, die die Männerrunde auf der Bühne locker dominiert. Power Metal ist angesagt, der immer dann besonders schmackhaft wird, wenn besagte Dame die Gesangsparts innehat. Das Outfit der restlichen Brüder ist – sagen wir es einmal vorsichtig – ausbaufähig.
Danach steht mein erster Besuch an der WASTELAND-Stage an, die in diesem Jahr fast im Niemandsland platziert ist und tatsächlich so etwas wie Mad Max-Feeling aufkommen lässt. Hier spielen die Jungs von VULTURE, die sich allerdings nicht lumpen lassen und den auch hier zahlreich versammelten Metal-Heads eine tolle und heiße Show liefern.

Aufgrund der langen Wartezeit auf GLORYHAMMER vor der LOUDER-STAGE wird es knapp, rechtzeitig die W.E.T zu erreichen, auf der die IRON MAIDENS bereits mächtig losgelegt haben. Die einzige IRON MAIDEN Tribute Band, deren Mitglieder ausschließlich Frauen sind, hat hier in WACKEN leichtes Spiel, die Metalheads zu begeistern, die alle Songs mitsingen können und die Mädels entsprechend abfeiern. Die perfekte Interpretation der Klassiker tut ein Übriges.

 

EPICA setzen die LOUDER in Brand

Natürlich nur metaphorisch, aber neben dem ausgiebigen Einsatz von Pyrotechnik glänzen EPICA auch durch eingängige Songs und eine Bühnenshow, die alle Bandmitglieder mit einbezieht. Symphonic Metal spielen mittlerweile eine Menge Bands, an den Vorreitern EPICA oder NIGHTWISH kommt man allerdings nicht vorbei. Ein Mega Auftritt der Niederländer, die eindrucksvoll demonstrieren, dass man auch mit dem 2021er Werk Omega neue Maßstäbe gesetzt hat.

 

AVANTASIA und das NIGHT FLIGHT ORCHESTRA zum Abschluss des ersten Tages

Headliner des ersten Tages sind AVANTASIA, deren Mastermind Tobias Sammet früher mit EDGUY die Bühnen der Republik rockte, bevor er sich den gediegenen Plan überlegte, quasi mit einer All-Star Besetzung zu höheren Zielen zu streben. Der Hype, der damals um epische Metal-Acts entstand, brachte AVANTASIA eine Art Kultstatus ein, der bis heute liebevoll gepflegt wird und berechtigterweise anhält. Mit von der Partie sind solch illustre Namen wie GEOFF TATE (Ex-QUEENSRYCHE), ERIC MARTIN (MR.BIG), BOB CATLEY (MAGNUM) und JORN LANDE, die im Laufe der Show auf die Bühne kommen und das Infield in helle Begeisterung versetzen. Großartig.

Zum Abschluss gibt’s dann noch 80er Jahre inspirierte Musik des NIGHT FLIGHT ORCHESTRAs, die zum Start der Pandemie Anfang 2020 gerade auf Tour waren, Bericht zum 2019er Gig hier. Doch am heutigen Abend kann unbeschwert musiziert werden, was die Band auch entsprechend gutgelaunt tut. Somit bleibe ich denn auch noch etwas länger vor der Stage und genieße den lauen Sommerabend bei guter Musik.

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Bestes Festivalwetter und tolle Acts

Auch der zweite Tag des 2022er WACKEN zeigt sich mit Blick auf das Wetter von seiner besten Seite. Sommerliche 23°C bereits um 10 Uhr morgens lassen einen heißen Tag erwarten, der auf der LOUDER-Stage von TORFROCK eingeläutet wird.
Die Band, die es im Fahrwasser der verfilmten Werner-Comics – Stichwort: „Beinhart wie´n Rocker“ zu einer Art Kultstatus gebracht hat, ist allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt scheinbar noch nicht so wirklich wach, kein Wunder, startet der Gig doch um 11:00 Uhr zu einer wahrhaft unmetallischen Zeit. Stimmen, die den beinharten Torfrockern die metallischen Wurzeln und somit die Berechtigung absprechen, hier in WACKEN überhaupt mit dabei sein zu dürfen, gibt es auch, wobei die ausgelassene Stimmung vor der Bühne hier die passende Antwort gibt.

Danach geht es hinüber zur WACKINGER-Stage, auf der sich bereits RELIQUIAE fertig machen. Die Dark-Rocker sind - anders als die eben genannten Torfrocker – hellwach und schaffen es mit ihrem erlesenen Mix aus tiefgründigen Texten, eingängigen Melodien und Instrumenten wie Drehleier, Geige und Dudelsack das Völkchen vor der Bühne bestens zu unterhalten. Die Combo ist hier in WACKEN zudem bereits zum vierten Mal mit von der Partie, eine Tatsache, die für sich genommen schon Bände spricht. Ein starker Auftritt.

 

SKYLINE: Die Urgesteine eröffnen auf der Mainstage

Auf einem Mega-Festival wie dem W:O:A kann man leider nicht überall sein, zumal hier alle Bühnen parallel bespielt werden. Somit bleibt meinen Kollegen und mir nur die Möglichkeit, sich einen Fahrplan zurechtzulegen, der teilweise zu einem konditionell recht anspruchsvollen Bühnenhopping ausartet.

Bei der nächsten Band sind sich allerdings die meisten meiner Kollegen einig: da müssen wir hin. Gemeint sind hier THUNDERMOTHER. Auch wenn der Begriff Band der Stunde abgedroschen erscheinen mag: die Damen um Frontlady Guernica Mancini beweisen erneut ihr tolles Potential und präsentieren im Laufe der Show Titel ihres neuen Longplayers „Black And Gold“, die noch ein wenig stärker erscheinen als die bisher bekannten Tracks.

 

SKYLINE eröffnen traditionell die Main-Stages

Wem der Name SKYLINE nicht allzu viel sagt, dem sei hier mitgeteilt, dass diese Truppe der erste Headliner in der Geschichte des W:O:A gewesen ist. Gegründet wurde die Band 1989 und mit-W:O:A Initiator Thomas Jensen zupfte dort anfangs noch den Bass. Seit 2009 eröffnen SKYLINE auf der Mainstage regelmäßig die Party, was bereits zum festen Ritual des Festivals geworden ist. Thomas Jensen kümmert sich bekanntlich zusammen mit Holger Hübner um die Organisation des Mammut-Events, den Bass hat er daher mittlerweile an den Nagel gehängt.
Jensen und Hübner lassen es sich aber auch an diesem Nachmittag nicht nehmen, die Band selbst anzumoderieren und den Fans ein tolles Festival zu wünschen. Die ursprünglich als Metal Cover Band konzipierte Combo hat seit 2019 auch eigenes Material am Start, das sich durchaus mit den Vorbildern messen kann und steuerte – wie könnte es anders sein – die beiden W:O:A-Hymnen („30 Years Ago“ und „This Is W:O:A“) der Jubiläumsausgabe 2019 bei.

 

MISTER MISERY auf dem Weg zu neuen Ufern

Die nächsten auf meiner Liste sind MISTER MISERY, die ich im Jahr 2019 zuletzt gesehen habe. Mit ihrem 2021er Opus „A Brighter Side Of Death“ haben die Jungs aus Schweden allerdings ganz deutlich die Marschrichtung „Sky is the limit“ ausgegeben und auch hier in WACKEN lässt sich die enorme Weiterentwicklung der Band begutachten, die eindeutig nach höheren Weihen streben.

 

GRAVE DIGGER mit Jubiläumsshow

An GRAVE DIGGER kommt man in diesem Jahr nicht vorbei, zumal die Jungs um Mastermind Chris Boltendahl in diesem Jahr mit ihrer Jubiläumsshow unterwegs sind. Soll heißen: Viel Action aber wenig Platz auf der Bühne, denn zusätzlich zur normalen Besetzung sitzen und musizieren noch Dudelsackspieler und Trommler, die den Hits aus 40 Jahren Bandgeschichte wie „The Clans Will Rise Again“, „Excalibur“ oder „Rebellion (The Clans Are Marching ) stilgerecht neues Leben einhauchen. Ein ganz starker Auftritt und ein weiteres Highlight an diesem Tag.
Danach geht es rüber zu ROSE TATTOO, die schon fast zum Inventar hier in WACKEN zählen und in den vergangenen Auflagen des W:O:A regelmäßig mit von der Partie sind. Erstmals hier auf der LOUDER mit dabei ist Gitarrero Mick Arnold, der Anfang des Jahres Dai Pritchard an der Slide-Gitarre abgelöst hat und seine Sache ausgezeichnet macht. Schade eigentlich, dass es von der Band schon seit Jahren keine neuen Outputs mehr gibt und die Klassiker wie „Nice Boys“ oder „Butcher And Fast Eddy“ die Sache hier ein ums andere Mal richten müssen, was mein einziger Kritikpunkt am ansonsten grandiosen Gig ist.

 

DIRKSCHNEIDER, U.D.O. oder doch ACCEPT?

Zurück an der FASTER-Stage, gibt es hier das Deutsche Metal-Urgestein Udo DIRKSCHNEIDER zu begutachten. Dirkschneider, Gründungsmitglied von ACCEPT und als solches seit Ende der 1960er Jahre im Business, ist immer noch prächtig bei (Reibeisen-) Stimme und sichtlich gut gelaunt als er bei tollem Wetter und rappel vollem Infield die Bühne betritt. Präsentiert wird eine ausschließlich aus ACCEPT – Songs bestehende Setlist, auf der weder „Princess Of The Dawn“, „London Leatherboys“ noch „Balls To The Wall“ fehlen dürfen. Neben Vater Udo glänzt Sohnemann Sven Dirkschneider an den Drums, während Fabian Dee Dammers die Szenerie an der Gitarre dominiert. Die Frage, ob DIRKSCHNEIDER als ACCEPT Gründungsmitglied und Mitkomponist der meisten Hits der Band dennoch nicht besser Songs seiner Solo-Projekte gespielt hätte, wird zwar am Rande des Infields diskutiert, geht aber meiner Meinung nach an der Sache vorbei, zumal die Reaktion des Publikums eine deutliche Antwort gibt: DIRKSCHNEIDER ist aus der ACCEPT-Historie nicht wegzudenken und eigentlich immer noch heimlich Teil der Combo.

 

MERCIFUL FATE und JUDAS PRIEST runden einen grandiosen Tag ab

Danach gibt es ein Wiedersehen mit MERCYFUL FATE, die sich vor prächtiger Kulisse und ebensolcher Stimmung stilgerecht vor umgedrehtem Kreuz präsentieren. Obwohl sich die Band in den Jahren vor C-19 recht rar gemacht hatte, haben die Fans die Dänen um Mastermind Kim Bendix Petersen - besser bekannt als KING DIAMOND - nicht vergessen. Weder „Satan’s Fall“, „Curse Of The Pharaohs“, „Evil“, noch „A Corpse Without Soul“, oder „Into The Coven“ dürfen auf der Setlist fehlen. Die oftmals ausladenden Falsett-Parts sind nicht jedermanns Geschmack, aber die Einflüsse der Band sind auch heute noch im Bereich des Metal unüberhörbar.

Zum Abschluss dieses zweiten W:O:A Tages 2022 gibt es die Urgetüme von JUDAS PRIEST, die wenige Tage zuvor in Oberhausen bereits die Generalprobe für diesen Headliner-Auftritt absolviert haben und hier nochmals eine Schippe drauflegen können.
Rob Halford ist der unangefochtene Star der Band, die vor gigantischer Kulisse ein wahres Inferno entfacht. Während Zeitgenossen Halfords seit Jahren bereits ihren Ruhestand genießen, schafft es der mittlerweile 71-Jährige spielend, das Infield komplett in seinen Bann zu ziehen. Nach „Painkiller“, dem letzten Eintrag der regulären Setlist, kommen JUDAS PRIEST für ein furioses Finale zurück und schicken die Metalheads mit „Electric Eye“, „Hell Bent For Leather“, „Breaking The Law“ und „Living After Midnight“ in die laue Sommernacht. Ein denkwürdiger Auftritt.

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BLIND CHANNEL

Wenn man mich vor diesem Tag gefragt hätte, ob mir die Band BLIND CHANNEL etwas sagt, hätte ich passen müssen. Umso mehr erstaunt ist man dann als Chronist, wenn eine solche Band auch noch auf einer der Main-Stages angesetzt ist. Da muss dann doch wohl mehr dran sein. Ist es! Die Finnen, die im Jahr 2021 ihre Heimat bei Eurovision Song Contest vertraten und einen bemerkenswerten sechsten Platz belegten, kommen mit einer solchen Wucht aus der Garderobe, dass man sich unwillkürlich die Augen reibt und sich fragt, wie das um 11:30 Uhr Ortszeit Wacken möglich ist. Neben der enormen Bühnenpräsenz überzeugen die grandiosen Melodien, die immer wieder durch Rap-Parts strukturell aufgebrochen werden und so eine Menge Überraschungsmomente beinhalten. Zudem wuseln die Akteure in irrer Geschwindigkeit über die Bühne, so dass man ständig das wechselnde Posing vor der Linse hat. Ein Mega Auftritt und das erste Highlight des Tages.

Sofort im Anschluss geht es hinüber zur HEADBANGER-Stage, auf der die Grazien von CRYPTA mächtig loslegen. Auch hier ist Posing Trumpf und Frontlady Fernanda Lira (Ex-NERVOSA) macht eindeutig KISS Urgestein Gene Simmons Konkurrenz – öfter streckt der seine Zunge auch nicht raus. Der Brasilianische Death Metal der Band gefällt nicht nur den mitgereisten Anhängern, die mit Brasilianischer Flagge die erste Reihe in Beschlag genommen haben. Leider spielt das Wetter an diesem Morgen noch nicht wirklich mit und die Prognosen lassen auch darauf schließen, eventuell den ein oder anderen Schauer abzubekommen. Der erste geht dann auch zur Unzeit während der Show von KISSIN` DYNAMITE herunter. Die Jungs müssen deshalb wohl auch auf ihre sonst so spektakuläre Feuershow verzichten – der Stimmung tut dies hingegen keinen Abbruch, zumal der Schauer nach dem dritten Song bereits abebbt.

 

FREEDOM CALL UND LACUNA COIL bei besseren Bedingungen

Zurück an der HEADBANGER sind hier bereits FREEDOM CALL zugange. Das Wetter hat sich wieder etwas gebessert und das schmeckt den Metalheads vor der Bühne sichtlich, die der Band berechtigt Applaus spenden was die Power Metaller um Frontmann Chris Bay zusätzlich motiviert. Das Wetter hält sich glücklicherweise – zwar fallen immer mal wieder ein paar Tropfen, diese können aber die Mega Festival Stimmung nicht trüben.
LACUNA COIL sind die nächsten auf der HARDER-STAGE. Die Mailänder sind schon seit Jahren die erfolgreichste Gothic Metal Band Italiens und immer wieder auch optisch lohnenswert. Der Gesang verteilt sich zu gleichen Teilen auf Frontlady Christina Scabbia und Growler Andrea Ferro, der neben Marco Coti Zelati das letzte, verbliebene Gründungsmitglied ist. Ein starker Auftritt!

 

CLUTCH und STRATOVARIUS

Nun aber ist es Zeit für ein Wiedersehen mit CLUTCH. Trotz guter Resonanz im Publikum hat man unwillkürlich das Gefühl, die Jungs würden besser auf die etwas kleinere Bühne passen, was einzig mit der Art ihrer Musik zu tun hat, die nicht unbedingt massentauglich ist.
STRATOVARIUS hingegen reißen auf der LOUDER-Stage ein prächtiges Set herunter und begeistern auf ganzer Linie. Demnächst bitte etwas später und auf der Mainstage. AT THE GATES im Anschluss liefern ebenfalls ein tolles Programm ab.

Dann geht es hinüber zu LUCIFER. Neben Frontlady Johanna Sadonis greifen hier Nicke Andersson (THE HELLACOPTERS, ENTOMBED und IMPERIAL STATE ELECTRIC) sowie Martin Nordin (DEAD LORD) zu den Instrumenten. Komplettiert wird das Ganze durch Linus Björklund und Harald Göthblad. Musikalisch ist die Band irgendwo zwischen DEEP PURPLE, BLACK SABBATH und BLUE ÖYSTER CULT zu verorten, was die Sache extrem schmackhaft macht. Aber auch die Schwedischen Death-Metaller HYPOCRISY bringen die Fans vor der FASTER-STAGE in Wallung und sorgen für WACKEN-Atmosphäre.

 

BEHEMOTH bei Sonnenlicht

Normalerweise bekommt man die Band bei Tageslicht nicht zu Gesicht. Death Metal wird meist zu späterer Stunde zelebriert und Tageslicht dämpft hier die Stimmung. Nicht so bei BEHEMOTH, die sich zudem diverser Pyros bedienen, um die Show noch explosiver zu machen. Ein weiteres Highlight dieses Tages.
Der Stopp bei VENOM genügt um zu erkennen, welch große Anziehungskraft die Band um Frontmann Conrad „Cronos“ Lant immer noch hat. Seit 1979 im Geschäft, spielen die Jungs aus Newcastle einen Mix aus Trash- und Speed Metal, der immer noch genügend Anhänger mobilisieren kann.

 

IN EXTREMO und SLIPKNOT zum großen Finale

Zurück an der FASTER-Stage geben sich hier IN EXTREMO die Ehre. Zu Beginn der Show sind alle Feuerkanonen im Einsatz, das Infield steht dicht an dicht, um das Letzte Einhorn und seine Mannen endlich wieder live erleben zu können. „Liam“, „Feuertaufe“ und „Rasend Herz“ sorgen für tausendfachen Gesang der Fans vor der Bühne, der Schein der untergehenden Sonne verleiht der Szenerie verdientermaßen zusätzlichen, goldenen Glanz. Ein Auftritt, den man so schnell nicht vergisst.

SLIPKNOT um Frontmann Corey Taylor stehen in Sachen Pyrotechnik den Mittelalter-Rockern von IN EXTREMO in nichts nach und setzen ab den ersten Takten alle Hebel in Bewegung, den Fans vor der Bühne zu beweisen, wer an diesem Abend die wahren Masters of Desaster (piece) sind. Es raucht und zündelt an allen Ecken der Bühne, überall wuseln die Akteure durch die Kulissen, mal klettert Shawn Crahan von seinem Podest herab, um theatralisch den sterbenden Schwan zu geben, mal growlt sich Taylor zwischen den Flammenstößen durch die Songs, die knallhart oder auch mal soft mit Cleangesang für Begeisterung unter dem brennenden Bullenschädel sorgen. Auch wenn man die Songs der Band nicht immer mitsingen kann - die Show der Männer aus Des Moines ist allemal sehenswert und bildet den krönenden Abschluss eines grandiosen W:O:A Tages.

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LIFE OF AGONY

LIFE OF AGONY um Frontfrau Nina Caputo liefern auf der FASTER-Stage eine Werkschau ihres bisherigen Schaffens ab. Der Stil ist geprägt von verschiedenen Einflüssen, METALLICA, PINK FLOYD und BLACK SABBATH lassen sich als prägende Elemente des Sound erkennen, wobei die Andersartigkeit stets gewahrt bleibt. Ein starkes Konzert bei perfektem Sommerwetter. 

Danach geht es bei AS I LAY DYING deutlich rauer zu. Metalcore der heftigeren Spielart steht auf dem Programm, den die Band seit nunmehr über zwanzig Jahren kultiviert hat und unters Volk bringt. Nach dieser krachenden Performance tut es ganz gut, bei TARJA wieder etwas Speed herauszunehmen und den Adrenalinpegel auf Normalmaß herunterzufahren. Seit ihrem Ausstieg bei NIGHTWISH auf Solopfaden unterwegs, gibt es hier wie gehabt die geschulte Opernstimme zu harten Beats und Gitarrenriffs. 

Nach der Berlin-Show vor zwei Tagen sind HÄMATOM heute mit ihrem normalen Programm auf der HARDER-Stage zu sehen. Bestes Festivalwetter macht die Sache zu einem runden Erlebnis für die Fans, die zahlreich vor der Bühne tanzen und Songs wie „Dagegen“ oder „Lichterloh“ aus voller Brust mitsingen. Großartig.

 

ARCH ENEMY stehlen allen die Show

Dann aber ist es Zeit für ARCH ENEMY, nicht nur für mich eines der absoluten Highlights an diesem Tag. Alissa White-Gluz und ihre Mitstreiter sind grandios aufgelegt und präsentieren neben den Klassikern der Bandgeschichte auch Songs des neuen Albums, das hier im Infield frenetisch gefeiert wird. Alissa glänzt immer wieder mit Sprungeinlagen, während Mastermind Michael Amott durch grandiose Licks und Soli auf sich aufmerksam macht. Im Schein der Abendsonne wirkt das Backdrop mit Motiven des neuen Albumcovers noch majestätischer als es ohnehin schon ist, während die Texte die Tiefen menschlichen Bewusstseins ausloten. Ein phänomenaler Auftritt vor ebensolcher Kulisse. Das absolute Highlight des Finaltags.

Bevor es mit POWERWOLF weitergehen kann, flimmert über die Bühnen LEDs die Ankündigungspräsentation der 2023er W:O:A Ausgabe. Neben JINJER wird mit IRON MAIDEN der Mega-Headliner des nächsten Jahres angekündigt. Das Getöse im Infield ist entsprechend groß. Zudem wird es ein Wiedersehen mit den DROPKICK MURPHYS, MEGADEATH und WARDRUM geben. Man darf gespannt sein, welche Bands im Laufe der nächsten Wochen noch aus dem Köcher gezogen werden.

 

POWERWOLF und LORDI zum Abschluss eines perfekten Festivals

Nach dieser Show sind Attila Dorn und seine Mannschaft an der Reihe. Wie schon 2019 liefern die Wölfe eine packende Show, immer mal wieder durch Feuereinlagen gewürzt und durch Kommentare Attilas unterbrochen, der sich mit seinem kultigen „vielen Dankeschön“ immer mal wieder in Szene setzt.

Zu Abschluss des Festivals gibt es ein Wiedersehen mit den Finnischen Eurovison Song Contest Gewinnern LORDI. Die Herrschaften waren erst kürzlich beim Castle Rock Festival zu Gast, hier auf der Riesenbühne des W:O:A drehen Mr. Lordi und Gefährten aber nochmals ein wenig mehr auf. Neben „Hard Rock Hallelujah“ wird kein Hit der Bandgeschichte ausgelassen, die Feuershow heizt zudem die merklich kühlere Nacht etwas auf. „Would You Love A Monsterman“ beendet ein fantastisches Konzert und das 31. Wacken Open Air mit einem Paukenschlag.

 

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FAZIT: Die 31. Auflage des WACKEN OPEN AIR liefert ein Festivalevent wie von einem anderen Stern. Mehr als 170 (!) Bands geben sich auf den W:O:A Bühnen die Mikrofone in die Hand und bescheren den 75.000 Metalheads aus aller Welt ein denkwürdiges Spektakel, das reibungslos über die Bühnen geht. Nicht von ungefähr haben es die Veranstalter geschafft, aus dem Nichts das größte Metal-Festival der Welt aus dem Boden zu stampfen. Es spricht eine deutliche Sprache, dass alle 75.000 Tickets für das Jahr 2023 bereits wenige Stunden nach Vorverkaufsstart vergriffen sind. Zudem gibt es mit IRON MAIDEN, JINJER und MEGADETH bereits die ersten Hochkaräter zu vermelden, die auch das 32. WACKEN zum Highlight des Veranstaltungsjahres 2023 werden lassen.
Als besonderer Erfolg ist es außerdem zu werten, dass das Event friedlich und ohne nennenswerte Vorkommnisse über die Bühne ging. Ein Riesenlob gebührt den Organisatoren, den Sicherheitskräften, der Polizei, den diversen medizinischen Diensten und den WACKEN-Einwohnern, die das Event seit je her tatkräftig unterstützen.

Wir danken: Holger, Thomas und dem W:O:A-Team sowie allen, die unsere Arbeit vor, während und nach dem Festival unterstützt haben (you know who you are...)

See you in 2023. Rain or Shine!

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