Wacken Open Air 2011
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SAMSTAG - 06. August 2011

Die verrückten Death Metaller aus Kanada, KATAKLYSM, locken viele Metalheads vor die Bühne. Mit 'As I Slither' fordert Maurizio zum "Security-Stresstest" auf, denn die Herren würden ja entsprechend geschult und bezahlt werden.
Was folgt, dürfte wohl der Crowdsurf-Rekord des Festivals gewesen sein. Wahnsinn! Auch 'Illuminati' knallt erwartungsgemäß derbe, 'Shadows And Dust' und 'Crippled And Broken' locken alle Reserven aus den Fans.

Die Schweden THE HAUNTED haben es sich zum Ziel gemacht, die letzten müden Besucher aufzuwecken, und probieren das gleich mal mit dem Opener 'Never Better' ihres aktuellen Albums "Unseen". Heute greifen die Jungs aber hauptsächlich auf älteres Material zurück und spielen an neuen Stücken nur noch 'Unseen' und 'No Ghost'. Sänger Peter Dolving macht zwischen den Liedern immer wieder ein paar Witze. Zum Beispiel behauptet er, die Veranstalter hätten eine Kleiderordnung eingeführt und jeder mit einem schwarzen Shirt müsse dieses am Einlass gegen ein fliederfarbenes eintauschen. THE HAUNTED legen sich mächtig ins Zeug und stecken damit auch ihre Fans an, die headbangen, die Hände in die Luft recken und ein bisschen Frühsport betreiben. Mit 'Bury Your Dead' verabschiedet sich das Quintett.

MAYHEM stehen heute auf der Black Stage erstmals mit Attila Csihar am Mikro, der die legendäre "De Mysteriis Dom Sathanas" (1994) einsang. Black Metal am helligten Nachmittag auf einer Festivalbühne weckt selten große Erwartungen. Der erste WOA-Gig 1999 blieb vor allem durch knallende Sonne, Unmengen an Staub und miesen Sound in Erinnerung. 2004 konnte man dann immerhin ab und zu erkennen, was gespielt wird. MAYHEM können nun beim dritten Anlauf aber endlich überzeugen, zumal sich der Himmel plötzlich respektvoll verdunkelt. Mit 'Pagan Fears', 'Freezing Moon' (bei dem das müde wirkende Publikum etwas in Fahrt kommt), 'Buried By Time And Dust', 'Cursed In Eternity' und dem Titeltrack werden fünf Songs der "Mysteriis..." gespielt, und das in mehr als ordentlicher Qualität. Attila singt streckenweise besser als auf dem Album, auf dem einige Sequenzen doch arg schräg gerieten. Im Vergleich zu Maniac (Frontman bis 2004) ist von ihm kaum Stageacting zu sehen, dieses ist bei echtem Black Metal aber auch unnötig. Ergänzend gibt es einige neuere Tracks wie 'Illuminate Eliminateund' und A Time to Die'. Nicht fehlen dürfen natürlich die Klassiker 'Silvester Anfang' und 'Deathcrush'.

Im Vorfeld war klar, dass den Amis von ICED EARTH ein wohl sehr emotionaler Auftritt gutgeschrieben werden kann. Für deutsche Fans ist die folgende Stunde die letzte Gelegenheit, Ausnahmesänger Matt Barlow im Kreise seiner Musikerfreunde zu sehen. Mit '1776', 'Burning Times', 'Declaration Day' und 'I Died For You' ist die Setliste der Power-Metaller um Bandchef Jon Schaffer mit Klassikern bespickt, die von der mehr als gut repräsentierten Fanschar dankbar angenommen wird. Barlow treibt das bunte Abschiedstreiben weiter mit 'Jack', 'The Hunter' und der "Something Wicked"-Trilogie an, ehe es am Ende äußerst gefühlsbetont wird.
Als Jon seinem besten Freund für die wundervolle Zeit dankt, müssen auch einige im Publikum schlucken. Spätestens nachdem der den Tränen nahe Barlow mit lautstarken Sprechchören verabschiedet wird und sich bei allen Anwesenden bedankt, stellt sich eine dicke Gänsehaut auf. Diese wird zwar durch das abschließende 'Iced Earth' etwas beruhigt, dennoch hätte beispielsweise das sträflich vermisste 'Melancholy (Holy Martyr)' dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Sei’s drum, dieser Auftritt gehörte voll und ganz dem Rotschopf.

Bei SEPULTURA sorgt das Line-Up immer wieder für Gesprächsstoff. Bereits 1997 ging Frontman Max Cavalera, 2006 mit Igor Cavalera dann auch das zweite Gründungsmitglied. Das neuere Material geht zudem in eine deutlich andere Richtung als die Alben, die die Band zu einer Thrash-Ikone gemacht haben. Befürchtungen, dass an diesem Abend alte Fans gänzlich zu kurz kommen könnten, werden aber schnell zerstreut. Nach dem Live-Intro donnert 'Arise' der Menge mit einer Gewalt um die Ohren, dass es nur so eine Freude ist. Dabei ist der Sound weit besser, als es die veröffentlichen Videoaufnahmen vermuten lassen. Sänger Derrick Green geht mit enormer Energie zu Werke, aber auch die anderen Musiker wirken nicht gerade lethargisch. Die Stimmung springt sofort auf die Menge über, die zu alten Songs wie 'Inner Self' oder 'Troops of Doom' genauso feiert wie zu den neueren Titeln. Der Platz vor der Bühne gleicht über weite Strecken einem Hexenkessel. Vom neuen Album "Kairos" wird außer dem Titelsong nur 'Relentless' und 'Just One Fix' gespielt, so dass Zeit ist für einen Überblick über alle Schaffensperioden der Band. Mit jeweils einem Song sind "Dante XXI" ('Convicted in Life'), "Against" ('Choke') und "A-Lex" ('What I Do!') vertreten, "Chaos A.D." mit zwei ('Refuse/Resist', 'Territory'). 'Ratamahatta' und 'Roots Bloody Roots' beschließen den einstündigen Gig, der mit seiner Wucht durchaus beeindruckt hat.

Die Metal-Oper AVANTASIA um EDGUY-Fronter Tobias Sammet bestreitet in Wacken ihren vorerst letzten Auftritt. Ob es ein Wiedersehen geben wird, ist ungewiss, die Zuschauer vor der Bühne daher umso zahlreicher. Zu 'Twisted Mind' kommt Sammet auf die Bühne, doch lange bleiben er und seine Musiker nicht allein: Jorn Lande von MASTERPLAN kommt für 'The Scarecrow', den Titeltrack des dritten Albums, und 'Promised Land' hinzu und unterstützt Tobi und die schöne Amanda Somerville am Gesang. Die gesamte Combo ist gut aufgelegt, lächelt immer wieder in die Kamera und beackert die gesamte Bühne und die kleine Brücke hinter dem Schlagzeug. So sind alle Akteure bestens zu sehen und können von überall rocken und die Fans anstacheln. Zu 'The Story Ain't Over' ersetzt Bob Catley (MAGNUM) Jorn Lande, bei  'Reach Out For The Light' und 'Dying For An Angel' übernimmt Michael Kiske(ex-HELLOWEEN) den Part des zweiten Sängers. Zu 'Death Is Just A Feeling' schwingt GAMMA RAY-Sänger Kai Hansen das Mikro. Alle Gastsänger sind in bester Stimmung und posen wie die Weltmeister mit Sammet und den übrigen Musikern auf der Bühne.

Zur besten Zeit und mit einem drückend kräftigen Sound ausgestattet starten KREATOR auf einer blutrot beleuchteten Black Stage pünktlich um 21:45 Uhr ihr einstündiges Feuerwerk mit dem Doppelschlag 'Hordes Of Chaos' und 'Warcurse'. "Kreator has returned" schallt es in die Menge, ehe das Quartett mit 'Endless Pain', 'Pleasure To Kill' und dem Statement 'Destroy What Destroys You' zum Nackenmuskel-Overkill ausholt. Nach dem grandiosen 'Voices Of The Dead', erkundigt sich Mille, welche Nationen im Wacken-Publikum vertreten sind, und kündigt wenig später zu Freuden aller Anwesenden, für 2012 ein neues KREATOR-Album an. Diese mehr als guten Neuigkeiten werden durch den Headbanger 'Enemy Of God', sowie 'Phobia' mehr als gebührend unterstützt. Die Jungs zeigen sich in einer exzellenten Verfassung und beenden ihren gewohnt guten Auftritt mit dem obligatorischen 'Flag Of Hate', sowie mit 'Tormentor', bei dem der Menge abschließend noch mal alles abverlangt wird.

"Fuck, KREATOR is fucking loud!" - am späten Abend hat der Kanadier DANKO JONES die ehrenvolle Aufgabe, gegen die parallel auf der True Metal Stage spielenden KREATOR anzurocken, und dies gelingt ihm außerordentlich gut. Danko und eine ganze Reihe treuer Fans sorgen dafür, dass dieser Auftritt laut und dreckig wird. Mit dem Opener 'The Rules' beweist er dann auch gleich, was wahrer Rock’n'Roll ist. Kracher wie 'First Date', 'Cadillac', 'Bad Thoughts' und 'Had Enough' dürfen nicht fehlen und werden laut vom Publikum mitgegrölt.

Zum sechsten Mal seit 1997 spielen Lemmy und seine Manner von MOTÖRHEAD heute auf dem WOA. Einmal mehr beginnt der Auftritt mit 'Iron Fist' und beinhaltet in erster Linie bekannte Hits wie 'Metropolis', 'Rock Out', 'Ace of Spades', 'Overkill' oder 'Just 'Cos You Got the Power'. Vom aktuellen Album "The Wörld Is Yours" gibt es nur 'Get Back In Line' und 'I Know How To Die' zu hören. Leider ist der Ton ein wenig leise, dafür sorgt der 'Bomber'-Bühnenaufbau gegen Ende für eine ausgiebigige Lightshow. Lemmy röhrt wie gewohnt und weicht vom üblichen Ablauf nur ab, als er sich dafür entschuldigt, dass die Fans im langsam einsetzenden Regen stehen müssen. Alle Songs werden routiniert gespielt, aber es gibt keine Überraschungen. MOTÖRHEAD sind aber auch ohne Überraschungen mit ihren soliden Auftritten immer wieder sehenswert.

Zum Abschluss des Festivals gibt es die besten SUBWAY TO SALLY Partyhits und einem Vorgeschmack auf die im September erscheinende neue Platte "Schwarz in Schwarz": 'Schwarzes Meer' wird man bald genauso textsicher mitsingen können wie 'Kleid aus Rosen' oder 'Henkersbraut'; daran hat Eric Fish überhaupt keine Zweifel.
 Und damit ist schon wieder ein Wacken Open Air zu Ende und wieder gleicht ein Festivalgelände einer Schlammlandschaft. In diesem Sinne: See you next year, Metalheads! Rain or Shine! 

OUTRO

Unser Dank geht an das gesamte WACKEN OPEN AIR-Team für drei tolle Festival-Tage mit jeder Menge lauter Musik, guter Laune und einer einzigartigen Atmosphäre.

SEE YOU IN 2012 - RAIN OR SHINE!