Wacken Open Air 2017
images/9J1A9968.jpg

 

DAS Metal-Festival Nr.1, die 28. Auflage!

Das WACKEN OPEN AIR zählt nicht nur zu den größten Metalfestivals der Welt, sondern es bedeutet auch Schlamm, Party und jede Menge Alkohol. Auf die zuletzt genannten Dinge werden wir in unserem Bericht weitestgehend verzichten und überlassen das Feld mit Beschreibungen und Bildern von Exzessen in der braunen Brühe lieber der Boulevard-Presse. In unserem Bericht wird es hauptsächlich um das gehen, was ein Festival ausmacht, nämlich die Musik.

Mittwoch // 02.08.2017

Auch wenn es in den offiziellen Angaben heißt, dass das WACKEN OPEN AIR vom 03.08.2017 bis 05.08.2017 stattfindet, so ist es doch schon seit einigen Jahren Tradition, dass bereits mittwochs die ersten Bands spielen. Neben den beiden großen Zeltbühnen, gibt es auch im Wackinger Village schon einiges an Action sowie im Wasteland-Bereich oder im kleinen Zelt, welches den Namen „Welcome To The Jungle“ verpasst bekommen hat. Lediglich der Bereich des Infields mit den drei Hauptbühnen ist an diesem Tag noch Sperrzone.

Da die Bodenverhältnisse es erlauben, unternehmen viele Besucher zunächst kleinere Rundgänge über den Wacken Plaza und durch das Wackinger Village und besuchen die dort stattfindenden Konzerte. Während auf der WET-Stage und der Headbanger Stage der Metal Battle tobt, verkündet HENRY ROLLINS im Dschungel sein Spoken Word. Mitten im Wrestling-Ring gibt der ehemalige Black-Flag-Sänger einige Geschichten zum Besten und erläutert seinen Standpunkt zu Themen wie Bildung, Donald Trump, Deutschland als Weltmacht und seine Erlebnisse mit Lemmy während der Arbeiten am Album „Rise Above: 24 Black Flag Songs To Benefit The West Memphis Three“. All dies wird vom Publikum mit großer Freude aufgesogen und mit tosendem Applaus quittiert.

Kurz darauf lassen es FLOTSAM AND JETSAM im Bullhead City Circus auf der Headbanger Stage krachen. Das 12.000 Leute fassende Zelt ist dabei fast zur Hälfte gefüllt. Auffällig ist sofort, dass die Herren um Eric A.K. vor allem auf Stücke der ersten zwei Alben setzen und so werden Klassiker wie „Hammerhead“, „I Live You Die“ oder „No Place For Disgrace“ vom Publikum gefeiert. Lediglich zwei Songs des aktuellen Albums finden sich am Ende in der Setlist wieder. Ein Phänomen, dass es auf dem W.O.A. immer wieder zu bestaunen gibt. FLOTSAM AND JETSAM haben jedenfalls sichtlich Spaß an ihrem Auftritt und liefern 45 Minuten volles Programm. Im Anschluss sind UGLY KID JOE an der Reihe und entern die WET-Stage, bevor es mit ANNIHILATOR später am Abend weitergeht.

Vor deren Auftritt zeigen sich vor dem Gelände des Bullhead City Circus erstmals zwei Probleme des W.O.A. Erstens: Der Boden wird, mit zunehmender Dauer des Tages, deutlich weicher und erste kleinere Schlammflächen entstehen. Zweitens: Die Idee, mittwochs nur die kleineren Bühnen zu öffnen ist nicht sonderlich gut durchdacht. Am Mittwoch sind bereits über die Hälfte der Festivalbesucher angereist, sodass der Platz rund um das Wackinger Village, den Wacken Plaza oder eben die Bullhead City wirklich an seine Belastungsgrenzen stößt.

Viele Fans verpassen, aufgrund von Problemen beim Einlass zur Bullhead City, leider die ersten Songs von ANNIHILATOR. Die Setlist der Kanadier enthält – wenig überraschend – ebenfalls einige Klassiker, aber natürlich auch Songs vom aktuellsten Werk. Vor allem die Darbietung der klassischen Speed- und Thrash-Metal-Songs der frühen Bandgeschichte sind es jedoch, die mit fortschreiten des Auftritts dafür sorgen, dass die Chemie zwischen Publikum und Band immer besser funktioniert. Das Fazit lautet deshalb: ANNIHILATOR hätten definitv einen Slot auf einer der größeren Bühnen verdient gehabt.

Der Name der nächsten Band wirkt dann zunächst ein wenig fehl am Platze, denn ehrlich gesagt verbindet man THE BOOMTOWN RATS nicht auf Anhieb mit Heavy Metal oder dem ganz harten Rocksound. Bereits nach den ersten Sekunden des Auftritts wird man jedoch eines Besseren belehrt und die RATS überraschen mit kräftigem Sound, knackigen Riffs und einer gepflegten „Leck mich am Arsch“-Attidtüde. Letztere wird dabei hauptsächlich präsentiert durch Herrn Bob Geldof persönlich. Überhaupt scheint der gute Herr an diesem Abend wie ausgetauscht und aus dem netten, leicht verschrobenen Opa ist ein scheinbar total abgedrehter Altpunk/Altrocker geworden, der erst einmal realisieren muss, wo er sich befindet. Natürlich darf man nicht vergessen, dass die Herren die hier auf der Bühne stehen, aber genau aus diesem Milieu stammen. THE BOOMTOWN RATS bewegen sich dort wo sie sich am wohlsten fühlen, nämlich irgendwo zwischen den Rolling Stones, John Lee Hooker und dem typisch britischen Sound der Punk- und New-Wave-Ära. Beim Bandklassiker „I Don’t Like Mondays“ wirkt es, als sei Mr. Geldof in Gedanken nochmals ganz woanders. Vielleicht war er ja bei seiner verstorbenen Tochter Peaches und deren Mutter Paula Yates. Aber egal wie es an diesem Abend wirklich in ihm aussieht, der Auftritt der Iren ist wirklich eine positive Überraschung. Songs wie „Like Clockwork“, „She’s So Modern“ oder bereits genanntes „I Don’t Like Mondays“ werden zurecht von Jung und Alt gefeiert.

Zum Abschluss des Mittwochs dürfen CROWBAR antreten. Dies hindert Kirk Windstein und seine Mannen aber nicht, vom ersten Song an, richtig Gas zu geben. CROWBAR legen einfach los, als hätten sie es tatsächlich vergleichsweise eilig. Leider ist, im Gegensatz zur Band, dem ein oder anderen Besucher anzumerken, dass es schon sehr spät geworden ist und so will im hinteren Bereich des Zeltes keine richtige Stimmung mehr aufkommen. Songs wie „All I had (I Gave)“, „Plasmic And Pure“ oder „The Cemetary Angels“ verglimmen zum Teil wirkungslos, obwohl die Band sich absolut nichts vorzuwerfen hat. Es ist einfach ein weiteres Beispiel dafür was passiert, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort spielt.


Donnerstag // 03.08.2017

Am Donnerstag soll es nun endlich so richtig losegehen, aber leider ist es vor allem der Himmel, der am frühen Nachmittag die Hauptrolle spielt und seine Schleusen öffnet. Ein gewaltiger Platzregen sorgt dafür, dass das W.O.A. nun endlich seinen Schlamm bekommt. Die angepriesene neue Drainage hat jedenfalls keine Chance gehabt, das Wasser auch nur in Ansätzen vernünftig abzuleiten. Nachbesserungen sind, mit Blick auf die Sicherheit des Publikums und vor allem auch mit Blick auf die vielen Besucher mit Schwerbehinderungen, dringend empfohlen.

Nach der obligatorischen Eröffnung durch SKYLINE und nachdem ROSS THE BOSS auf der Harder Stage mit ordentlich Feuer dem Publikum eingeheizt hat, durften EUROPE auf der Faster Stage ans Werk gehen. Bereits die ersten Minuten des Sets lassen darauf schließen, dass die Schweden heute richtig Lust haben und dass die Band mehr zu bieten hat als nur den finalen Countdown. Besonders Sänger Joey Tempest und Gitarrist John Norum haben ihren Spaß und sorgen dafür, dass das Publikum einen sehr guten Auftritt geboten bekommt. Klassiker wie „War Of Kings“, „Rock The Night“, „Scream Of Anger“ und eben „Final Countdown“ kommen sehr gut beim Publikum an und werden zum Teil lauthals mitgesungen. Die Spielzeit von einer Stunde vergeht leider schon fast zu schnell.

Nochmals ein ganzes Ende zurück in der Geschichte des Rock geht es anschließend mit STATUS QUO. Frances Rossi und seine Mitstreiter schöpften dabei den Fundus einer langen Bandgeschichte aus und obwohl es STATUS QUO eigentlich schon nicht mehr in elektronisch verstärkter Form geben sollte, haben alle Musiker sichtlich Spaß, doch wieder in klassische Rockgefilde zurückzukehren. Routiniert und durchaus agil bieten die Briten bis zum Schluss ihre Klassiker dar. Stücke wie „Caroline“, „Hold You Back“, „In The Army Now“ oder das obligatorische „Rockin‘ All Over The World“ machen eben einfach Spaß, egal ob man sowieso eher dem Classic Rock frönt oder doch ein waschechter Metalhead sein will.

Nun folgt aber endlich der mit Spannung erwartete Auftritt der Heavy-Metal-Instanz ACCEPT. Bereits im Vorfeld des W.O.A. 2017 wurde ja bekannt gegeben, dass es eine dreiteilige Show geben wird und genau dies sorgt sowohl während als auch nach dem Konzert für reichlich Gesprächsstoff. Die ersten Minuten des Auftritts sind genau das, was sich die Puristen wünschen. ACCEPT spielen fünf Songs, darunter unter anderem „Die By The Sword“, „Koolaid“ und „Restless And Wild“, ohne Orchester, ohne Schnick-Schnack und große Umschweife. Der folgende Teil, welcher allein Wolf Hoffmann und seinem Projekt „Headbangers Symphony“ gehört, verärgert überraschend viele Fans der Band, da ihrer Meinung nach, Gesang fehlt und sowas auf einem Festival einfach nicht geht. Objektiv betrachtet ist dieser Teil der Show, nicht zuletzt deshalb aber ein echtes Highlight, weil eben nicht einfach die Band vom Orchester begleitet wird, sondern weil klassische Stücke von einem Orchester aufgeführt werden und die Metalband gleichberechtigt Akzente setzt.

Der abschließende Teil der Show besteht dann aus einer Accept-Show begleitet vom Prager Sinfonie Orchester. Auch hier hagelt es im Publikum noch immer vereinzelt Kritik, weil die Gitarren vermeintlich zu leise abgemischt sind oder weil es langweilig ist, dass so viele Bands mit Orchester spielen und das Besondere an der Sache verloren geht. Wie auch immer man es halten mag, so ist auch hier keine objektive Schwäche festzustellen. Der Sound ist halt so abgemischt, dass das Orchester nicht untergeht und die Band noch genug Freiraum hat. Insgesamt ist die zweistündige Show eine fulminante Mischung aus Metal und Klassik und Songs wie „Princess Of The Dawn“, „Dying Breed“ oder „Metal Heart“ und „Balls To The Walls“ machen auch mit Orchester noch richtig Spaß.

Da der Donnerstag auf dem W.O.A. schon seit Jahren als „Night To Remember“ bekannt ist, verwundert es ein wenig, dass als nächste Band die Herren von VOLBEAT die Bühne entern dürfen. Traurigerweise beweist auch die Setlist sehr schnell einen ersten Verdacht, nämlich dass die Band sich mittlerweile meilenweit von den starken Songs entfernt hat, die die ersten Alben ausgezeichnet haben. Lediglich zwei Songs von den ersten zwei Alben, bei 20 Songs in der Setlist, dürften ein herber Schlag für Fans der ersten Stunde sein. So oder so wirkt bei VOLBEAT mittlerweile alles sehr vorhersehbar und so läuft der Auftritt eben einfach durch, ohne das wirklich viel hängen bleibt. Die großzügig gestaltete Bühne hilft da jedenfalls auch nicht viel weiter. Da trotzdem noch mehr als genug Zuschauer die Dänen abfeiern, schadet es also nicht, den Rückweg durch den Schlamm anzutreten, um das größte Gedränge zu vermeiden.

FAZIT TAG 1 und 2

Das Fazit nach den ersten zwei Tagen ist ganz klar zweigeteilt. Während einige der Bands wirklich mit Leidenschaft am Werk sind und zurecht gefeiert werden, gibt es auch Bands die ihrem Status nicht gerecht werden und in der Position als Headliner nicht wirklich liefern können. Das größte Manko nach zwei Tagen Festival ist aber der Zustand des Infields.



Freitag // 04.08.2017

Da der Schlamm doch mehr an den eigenen Kräften zehrt als angenommen, beginnt der dritte Festivaltag erst pünktlich mit dem Auftritt der Veteranen von GRAVE DIGGER. Die Altmeister des deutschen Heavy Metal liefern ein Set ab, dass vor allem mit Songs der Middle-Age-Trilogy gespickt ist und natürlich hat das Publikum sichtlich Freude daran, genau diese Songs zu hören. Zum Glück spielt auch der Sound nach anfänglichen Problemen, zumindest direkt vor der Bühne, wieder ziemlich gut mit und so ist spätestens bei den letzten vier Stücken „Excalibur“, „Morgan Le Fay“, „Rebellion (The Clans Are Marching)“ und „Heavy Metal Breakdown“ auch der letzte Fan vor der Bühne endlich wieder richtig wach.

Durch die Absage von Morbid Angel dürfen SONATA ARCTICA kurzerhand auf der Hauptbühne ran und dies stellt sich als beste Idee überhaupt heraus. Zum Intro „We Are What We Are“ kommen die Finnen dann auch wie das blühende Leben auf die Bühne. Die Spielfreude steht ihnen, von der ersten Sekunde an, förmlich ins Gesicht geschrieben und mit „Closer To An Animal“ legen sie dann auch sofort los. Wie immer, wenn SONATA ARCTICA auf dem W.O.A. spielen, verziehen sich die Wolken und ein paar Sonnenstrahlen kommen durch. Dies lässt die Fanmeute zu „The Wolves Die Young“ und „Full Moon“ richtig abfeiern. Tony Kakko strahlt über das ganze Gesicht, lacht viel und interagiert so viel wie möglich mit seinen Fans. Mitten in der Show hält er dann eine seiner Kurzreden, welche von einer Danksagung ans Wacken-Publikum zu einer spontanen Rede über den Sinn des Lebens ausartet. Das beste Zitat hieraus ist definitiv: „Fall in love with music every day!“. Die beiden Gitarristen nutzen jede Chance, um mit einem Grinsen im Gesicht ihre Soli und Bridges zum Besten zu geben. Vor allem bei „Paid In Full“ rocken beide richtig ab. Die Band schafft es, einen guten Mix aus gefühlvollen Balladen wie „Tallulah“ und fetzigen Reißern wie „Black Sheep“ oder „8th Commandment“ abzuliefern. Nach dem ernsthaften „Life“ gibt es mit dem Insider-Singspiel „Vodka“ und „Don’t Say A Word“ noch einen feurigen Rausschmeißer

Weiter geht es direkt nebenan auf der Headbanger Stage, auf welcher nun GRAND MAGUS richtig Druck machen wollen. Tatsächlich gelingt den drei Schweden dies auch von der ersten Minute an. Der Sound ist sehr gut abgemischt und die gewaltigen Riffs der Band kommen kraftvoll aus den Boxen gerollt. Das Publikum ist in jedem Fall begeistert und auch Frontmann Janne „JB“ Christoffersson scheint deutlich besser in Form zu sein, als man es in vergangenen Zeiten schon erlebt hat. Die gewohnte Mischung aus Epik und purer Kraft, welche fast allen Songs von GRAND MAGUS gemein ist, erfüllt jedenfalls das ganze Zelt und wie gut die Show der Schweden am Ende beim Publikum ankam, zeigt sich als die Fans beim Verlassen des Zeltes minutenlang den Chor von „Hammer Of The North“ weitersingen.

Nach einer kurzen Pause geht es bei Sonne und blauem Himmel auf der Louder Stage mit PARADISE LOST weiter. Die Briten haben, bis auf wenige Ausnahmen, hauptsächlich Stücke der frühen Schaffensphase von 1991 – 1997 im Gepäck und auch zwei Songs vom neuesten Werk „Medusa“ finden sich in der Setlist wieder. Die Band selbst wirkt, dank des strahlenden Sonnenscheins, lustigerweise völlig entspannt anstatt kühl und distanziert, wie man es eigentlich erwartet hätte. Ansonsten verläuft die Show aber eher unauffällig und irgendwie ist diese entspannte Atmosphäre auch genau das Richtige, an solch einem langen Wochenende voller Schlamm.

Bereits gegen 18:30 Uhr stehen alle Zeichen auf Emperor, dabei sind es zunächst TRIVIUM, die die Bühne betreten. Sänger Matt, welcher zusammen mit Ihsahn an einem BM-Soloalbum arbeitet, kommt natürlich mit Emperor-Shirt auf die Bühne. Der furiose Auftritt von TRIVIUM sprüht nur so vor Energie und bereits bei den ersten Takten von „Rain“ bewegen sie die Fans zum Moshen. Matts Brutalo-Gegrunze und seine unvergleichlich abwechslungsreiche Mimik, die schon zu vielen spaßigen Fotomontagen in den sozialen Netzwerken geführt hat, sind ebenfalls ein echtes Highlight. Der Sound ist erste Sahne, sodass man auch wenn man nicht auf Metalcore und Thrash-Geknüppel steht, das Bedürfnis hat, mal kurz die Matte kreisen zu lassen. Die Band schreddert und growlt sich durch eine Setlist voller Brachialstücke wie „Watch The World Burn“, „Strife“ oder „Built To Fall“, bevor sie in einem Pyro-Hagel und schweißgebadet die Bühne verlässt.

MEGADETH müssen liefern und in Anbetracht der Verfassung von Dave Mustaine ist ziemlich schnell klar, das wird nicht wirklich ein Highlight. Während des gesamten Auftritts liefern MEGADETH auf instrumentaler Ebene durchaus ab, jedoch kann Mustaine als Sänger absolut nicht mithalten. Das, was der Herr am Mikro macht, sollte leider nicht mehr als Gesang tituliert werden, so gequält kommt die Stimme zuweilen aus den Boxen. Eigentlich sehr schade, denn die Band hat natürlich einige starke Songs in der Setlist und auch die Bühnenshow kann durchaus überzeugen.

Leider wird es nach MEGADETH nicht besser in Sachen Qualität, denn MARILYN MANSON schießt den Vogel endgültig ab. Zunächst lässt der Maestro sein Publikum gut 15 Minuten warten, bis er endlich auf der Bühne erscheint und dann torkelt er mehr umher, als dass er sich zielorientiert auf der Bühne bewegt. Immer wieder wirft er sich seinen Musikern um den Hals und singt lediglich mehr oder weniger solide. Das Publikum quittiert dies in sehr großer Zahl bereits nach wenigen Songs mit dem Verlassen des Infields. Tatsächlich wird es inmitten des Auftritts wieder für einige Minuten ruhig, jedoch ist der Grund nicht mehr erkennbar, da auch wir uns entschlossen haben, abzuwandern.


Samstag // 05.08.2017

Gewappnet für einen weiteren Tag im tiefen und mittlerweile sehr dichten und dadurch schweren Schlamm trafen wir pünktlich zu den letzten Songs von BEYOND THE BLACK auf dem Festivalgelände ein. Überraschenderweise haben eine trockene Nacht, der Wind und etwas Sonne dafür gesorgt, dass es endlich, zumindest stellenweise, wieder festen Boden unter den Füßen gab. BEYOND THE BLACK, welche erstmals auf einer der großen Bühnen ran durften, erledigten ihre jährliche Aufgabe übrigens überraschend gut und wurden vom Wackener Stammpublikum entsprechend gefeiert.

Danach heißt es „Back to Roots“ mit MAX & IGOR CAVALERA, welche eben jenes „Roots“-Album fast in seiner Gänze zum Besten geben. Lediglich zum Ende der Show gibt es mit einem Medley aus „Beneath the Remains“, „Desperate Cry“ und dem Motörhead-Cover „Orgasmatron“ ein paar weitere Klassiker aus dem Sepultura-Fundus der beiden Brüder zu hören. Dem Publikum gefällt es sichtlich, die beiden Brüder vereint auf einer Bühne zu sehen und so gibt es neben kleineren Pits auch den ein oder anderen Crowdsurfer, der den halbwegs festen Boden ausnutzt. Aber auch dem immer runder werdenden Max Cavalera und seinen Mitstreitern ist der Spaß am heutigen Tag nicht zuletzt dadurch anzumerken, dass ihnen immer wieder ein strahlendes Lächeln über das Gesicht huscht.

Mit ordentlich Dampf geht es auf der Harder Stage mit HEAVEN SHALL BURN weiter. Die Jungs aus Jena legen am heutigen Tag das Hauptaugenmerk vor allem auf Stücke vom neuesten Album „Wanderer“, welches von einigen Fans mehr als kritisch gesehen wurde. Leider fehlen der Setlist, mit „The Weapon They Fear“ und „Behind A Wall Of Silence“, gleich zwei der besten Live-Songs, die diese Band zu bieten hat. Natürlich wäre ein Festival-Auftritt von HSB nicht vollständig ohne einen großen Circle-Pit und so wird zumindest der Versuch unternommen, im nun doch wieder weicher werdenden Boden, eben jenen zu starten. Statt eines großen Pits gibt es am Ende zwar „nur“ zwei mittlere, aber irgendwie kann man das bei solch einem Boden auch gelten lassen. Das obligatorisch abschließende Edge-Of-Sanity-Cover „Black Tears“ wurde dann noch zu einem besonderen Highlight, da die Band extra einen guten Freund aus Argentinien einfliegen ließ, um bei diesem Song als Gastsänger zu fungieren.

Mit ALICE COOPER folgt nun für viele Besucher der heimliche Headliner des Samstags. Der Altmeister des Schockrock agiert von der ersten Minute wie ein Dirigent und hat seine Band sichtlich gut unter Kontrolle. Außerdem hat er seine große Spielzeugkiste dabei, aus welcher das ein oder andere Gimmick oder sogar der Meister persönlich hervorgezaubert wird. Überhaupt hat ALICE COOPER in Sachen Show immer noch mehr drauf, als sehr viele andere Möchtegern-Schock-Rocker. Da das Alter aber auch an ihm nicht spurlos vorübergeht, wird während der Show viel auf mehrstimmigen Gesang gesetzt und auch gut getaktete Pausen werden immer wieder eingebaut. Natürlich lenkt die Show zusätzlich von der nicht mehr ganz frischen Stimme ab, und so wird ALICE COOPER unter anderem in Frankenstein verwandelt, in eine Zwangsjacke gesteckt, von einer bizarren Krankenschwester gequält und zu guter Letzt auch endlich geköpft. Am Ende der gut 75 Minuten muss man jedenfalls festhalten, dass ALICE COOPER trotz seines Alters sowohl optisch als auch musikalisch definitiv noch unheimlich viel Unterhaltung zu bieten hat.

Nicht weniger ansehnlich ist auch das Bühnenbild, welches die nun folgenden AMON AMARTH aufgebaut haben. Die Schweden legen jedenfalls ohne große Umschweife los und das Publikum ist sowieso auf ihrer Seite, egal was passiert. Neben dem eigentlichen Bühnenbild, gibt es während des Auftritts auch wieder einen kurzen Schaukampf zu sehen und natürlich lässt auch Loki sich nicht bitten und besucht die Band auf der Bühne. Ansonsten verläuft das knapp 80minütige Set aber ohne größere Aufreger und auch ohne die ganz großen Highlights. AMON AMARTH liefern eben genau das ab, was alle hören wollen.

Wer kommt eigentlich auf die glorreiche Idee, KREATOR um 00:15 Uhr am letzten Festivaltag spielen zu lassen? Genau diese Frage stellen wir uns, als wir den Heimweg antreten. Scheinbar geht es vielen anderen Festivalbesuchern genauso, denn aus dem Augenwinkel ist deutlich zu erkennen, dass KREATOR viel leeren Raum vor sich haben. Auf jeden Fall ist diese Ansetzung am letzten Tag als großer Fauxpas zu werten.

Die ersten bestätigten Bands für das WACKEN OPEN AIR 2018 sind bestätigt und natürlich ist der ein oder andere Hochkaräter dabei. Bestätigt sind: AMORPHIS, ARCH ENEMY, BANNKREIS, BELPHEGOR, DESERTED FEAR, DIRKSCHNEIDER, DORO, EPICA, FIREWIND, IN EXTREMO, KNORKATOR, NIGHTWISH, RUNNING WILD, SEPULTURA und WATAIN.Wir sind auf die Headliner 2018 gespannt – und freuen uns auf die 29. Ausgabe des größten Metal-Festivals der Welt!

See you in 2018. Rain or Shine!

Wir danken: Holger, Thomas und dem W:O:A-Team sowie allen, die unsere Arbeit vor, während und nach dem Festival unterstützt haben (you know who you are...)